Page 19 - Gehaltvoll 3.3

Birke
Birke

Es gibt dich in vielerlei Gestalt,
Es gibt dich in vielerlei Gestalt,
schlank und gerade wie eine Kerze,
schlank und gerade wie eine Kerze,
selten vereinzelt oder in höflicher Ferne,
selten vereinzelt oder in höflicher Ferne,
dann wieder gekrümmt,
dann wieder gekrümmt,
mit einander im Spiel
mit einander im Spiel
als Gruppe im Reigentanz.
als Gruppe im Reigentanz.
Ich muss nicht lange überlegen,
Ich muss nicht lange überlegen,
um dir den Zuschlag zu geben,
um dir den Zuschlag zu geben,
zum Baum meines Herzens,
zum Baum meines Herzens,
doch ich kann nicht entscheiden,
doch ich kann nicht entscheiden,
was ich am meisten an dir liebe.
was ich am meisten an dir liebe.
Das Weiß deiner Rinde
Das Weiß deiner Rinde
hatte es mir schon immer angetan,
hatte es mir schon immer angetan,
auch als ich als Kind zögernd wagte,
auch als ich als Kind zögernd wagte,
dir weh zu tun, mit schlechtem Gewissen,
dir weh zu tun, mit schlechtem Gewissen,
mir ein kleines Stück abzureißen.
mir ein kleines Stück abzureißen.

Dann die vielen Blätter,
Dann die vielen Blätter,
wie Scharen von Kindern nach der Schule,
wie Scharen von Kindern nach der Schule,
deine zarten Zweige, verzauberte Kunstwerke,
deine zarten Zweige, verzauberte Kunstwerke,
wenn ich einen, vom Wind abgerissen, aufhebe.
wenn ich einen, vom Wind abgerissen, aufhebe.
Oder sind es deine Wurzeln,
Oder sind es deine Wurzeln,
die silbern am Boden sich krümmen,
die silbern am Boden sich krümmen,
zwischen denen ich mich gerne ausstrecke,
zwischen denen ich mich gerne ausstrecke,
um zuzusehen, wie die Abendsonne
um zuzusehen, wie die Abendsonne
in deinem Weiß und Grün sich findet?
in deinem Weiß und Grün sich findet?
Wer bist du, frag` ich dann,
Wer bist du, frag` ich dann,
im Zauber dieses Lichtes hingerissen,
im Zauber dieses Lichtes hingerissen,
der du auf Berges Höhen,
der du auf Berges Höhen,
dich auf Uferfelsen duckst,
dich auf Uferfelsen duckst,
in der Heide und jedem Park Schatten spendest
in der Heide und jedem Park Schatten spendest
und am Straßenrand dich nicht schämst,
und am Straßenrand dich nicht schämst,
wenn der Fahrtwind dein Weiß beschmutzt?
wenn der Fahrtwind dein Weiß beschmutzt?
Hat Gott dich geschaffen,
Hat Gott dich geschaffen,
damit wir Menschen erkennen,
damit wir Menschen erkennen,
um reich zu leben,
um reich zu leben,
kommt es nicht auf die Umstände an?
kommt es nicht auf die Umstände an?

Du verrätst dich,
Du verrätst dich,
wenn du im Herbst
wenn du im Herbst
Goldblättchen verstreust.
Goldblättchen verstreust.
Werner May
Werner May
Foto © D. Ott - Fotolia.com
19