Page 44 - Gehaltvoll 3.3
P. 44
gehaltvoll: Schönheit als Abglanz der Herrlichkeit Gottes
Das finstere Mittelalter
Wie Menschen im Mittelalter Johannes Fried: Um Himmels wil- Sie mal ein Stückchen mit dem Pfer-
gelebt haben, das hat mich schon len! Der entsetzliche Schmutz, der defuhrwerk mitgenommen. Und
immer fasziniert. Vielleicht hat es Gestank, man müsste sein gesamtes falls Sie selbst ein Pferd haben, Vor-
auch etwas damit zu tun, dass ich in Sinnensystem zurückentwickeln, sicht: Nicht dass es von der Wiese der
Nürnberg, einer alten Reichsstadt, um das auszuhalten. Wir leben ja Bauern frisst, da kommt die Bauern-
aufgewachsen bin. heute in einer beinah gestankfreien schaft und schlägt Sie halb tot. Dazu
So habe ich mir kürzlich auf einer Welt. Die Menschen damals haben die Kleinheit der Welt, die vielen Ab-
Reise aus der Reihe ZEIT Geschich- sich hingegen nicht wie wir täglich hängigkeiten. Und wenn Sie in die
te das Heft mit dem Titel MITTEL- gewaschen; das Alltagsgewand war Kirche gehen, da stehen Sie, da gibt’s
ALTER gekauft. vielfältig geflickt, darin schlief man, keine Stühle. Dann das Essen, pfui
Und was konnte ich da in einem In- arbeitete man, schwitzte man, fror Teufel, das schmeckt doch gar nicht
terview mit Johannes Fried, einem man. Das stank! Die Abfallgruben? – völlig versalzen! Also, wenn ich ge-
der renommiertesten Mediävisten Na, gleich hinterm Haus. Das stank! fragt werde, wollen Sie im Mittelalter
leben? Nein. Ich könnte es nicht.
Foto: © Photographee.eu - Fotolia.com kennen das Mittelalter wie kaum ein runter an der Außenmauer. Das das Sie in Ihren Büchern als so fort-
Abtritte? Klatsch, klatsch, klatsch
der Gegenwart lesen:
ZEIT Geschichte: Das Mittelalter,
machte das, in Schlössern einfach
ZEIT Geschichte: Herr Fried, Sie
stank! Und dann das Reisen. Sie wol-
schrittlich preisen, war also doch
anderer. Hätten Sie gerne damals ge-
ganz schön finster?
len von hier nach da? – Also los: Auf
lebt?
Johannes Fried: „Es war buchstäb-
Schusters Rappen. Vielleicht werden
44